Dienstag, 4. März 2014

Epheser 4 und die Dekadenz des HGP

In meinem letzten Blog-Posting hatte ich ja Bezug auf das offensichtlich vorhandene Denkmuster von einem Zeugen Jehovas namens HGP, genommen. Soweit wir wissen ist er Ältester und bleibt natürlich stets anonym, um sich entweder sein Amt zu erhalten oder sich zumindest keine Ältestengespräche über seine Internetaktivitäten antun zu müssen ("Das geht doch nicht! Der "Sklave" hat doch schon mehrmals eindeutig gesagt, dass er keine Websites auf Eigeninitiative wünscht und jw.org völlig ausreichend ist, um über unseren Glauben zu informieren" - wahre Geschichte übrigens).

Ich erweiterte den Anhang meines letztens Blogeintrags, um auf seinen zufällig kurz danach erschienenen Artikel Bezug zu nehmen. Dort führt er uns in einen Gedanken ein, den er bereits in einem Artikel davor und einem Artikel danach aufgreift. Es sagt uns viel darüber, wie Jehovas Zeugen vom Schlag des HGP andere Christen ansehen und ob sie das letzte Urteil Jesus Christus überlassen oder selbst in die Hand nehmen. Da die meisten Zeugen Jehovas meiner Erfahrung nach noch deutlich extremistischer als HGP sind, spricht das vermutlich Bände.

Nun möchte ich aber direkt zitieren:

"Somit bleibt mir nur übrig zu sagen, dass das Verständnis der Zeugen Jehovas, wie 2.Johannes 9-11 anzuwenden ist, möglich ist. Wer sie als wahre christliche Kirche ansieht, der wird daher dieses Verständnis anwenden; wer sie nicht als wahre Christen ansieht, der wird seine Glaubenspraxis in dieser Frage aus einer anderen Verständnis-Quelle speisen. Wer aber Zeugen Jehovas nicht als echte Christen sieht und trotzdem versucht, ein Teil dieser Gemeinschaft zu bleiben, der kann kein echter Christ sein und dessen Meinung ist mir aus diesem Grund egal."
Aufruf erfolgte am 2.03.2014, Hervorhebungen von den Autoren dieser Seite

"Wenn man die Ergebnisse dieser Überlegungen mit dem tatsächlichen Wirken derer vergleicht, die versuchen als Zeugen Jehovas die Autorität der dort eingesetzten Hirten und Lehrer anzuzweifeln, dann folgt, dass Personen, die so vorgehen, offensichtlich keinen Wert darauf legen, so zu wirken, dass sie mit Jesu “Gaben” zusammenarbeiten. Das lässt mich ganz entschieden an ihrem Anspruch zweifeln, dass sie selber echte Christen sind. Und wenn sie keine echten Christen sind, warum sollte ich dann in Fragen des christlichen Glaubens auf sie hören?"
Aufruf erfolgte am 2.03.2014, Hervorhebungen von den Autoren dieser Seite


In HGPs Welt ist es nicht Jesus Christus, der entscheidet, wer ein echter Christ ist, sondern in seiner Welt wird diese Entscheidung durch die Konformität zu dem Glaubensansichten der Zeugen Jehovas und die Mitgliedschaft als solcher getroffen. Nun glaube ich mit Sicherheit zu wissen, dass HGP das in gewisser Art und Weise sogar aufrichtig meint, auch wenn er dadurch eindeutig gegeben Gebote Jesu Christi verstößt, was ihm nicht präsent ist. Oder er fühlt sich an diese Gebote nicht gebunden. Warum?

Dies wiederum liegt an seinem Verständnis der Bibel. Im Besonderen in seiner m.E. falschen Ansicht, dass jeder Christ eine einzige Religion als "die wahre" herausfinden muss und sich ihr anschließen. Diese Meinung halte ich für nachweislich nicht biblisch. Daher ergibt von dieser Warte auch seine Ausführung keinen Sinn, dass derjenige kein echter Christ sei, der relativ religionsunabhängig Jesus nachfolgt. Um HGPs Verständnis der Bibel etwas zu ergründen, greife ich einen Punkt auf, den er in einem der beiden Artikel abhandelt:

Er stützt sich dort auf die Interpretation von Epheser 4. Hier die Passage, auf die er sich bezieht:

11 Und er selbst hat die einen als Apostel eingesetzt, die anderen als Propheten, andere als Verkündiger des Evangeliums und wieder andere als Hirten und Lehrer,
12 um die Heiligen auszurüsten für die Ausübung ihres Dienstes. So wird der Leib Christi aufgebaut,
13 bis wir alle zur Einheit des Glaubens und der Erkenntnis des Sohnes Gottes gelangen und zum vollkommenen Menschen heranwachsen und die volle Reife in der Fülle Christi erlangen.
14 Denn wir sollen nicht mehr unmündige Kinder sein, von den Wellen bedrängt und von jedem Wind einer Lehrmeinung umhergetrieben, dem Würfelspiel der Menschen ausgeliefert, von ihrem Ränkespiel auf den trügerischen Weg des Irrtums geführt,
15 nein, wir wollen aufrichtig sein in der Liebe und in allen Stücken hinanwachsen zu ihm, der das Haupt ist, Christus.
16 Von ihm aus wird der ganze Leib zusammengefügt und gehalten durch jedes Band, das ihn stützt mit der Kraft, die jedem einzelnen Teil zugemessen ist. So wird der Leib in seinem Wachstum gefördert, damit er aufgebaut werde in Liebe.
- zitiert nach der Zürcher Bibel (Auflage 2007)

Zusammengefasst lautet HGPs Interpretation dieser und anderer Verse: "Jaja, das stimmt schon: In der Bibel steht, dass Jesus selbst individuelle Christen als Apostel, Propheten, Verkündiger, Hirten und Lehrer eingesetzt hat. ABER eben NUR 'bis wir alle zur Einheit des Glaubens und der Erkenntnis des Sohnes Gottes gelangen und zum vollkommenen Menschen heranwachsen und die volle Reife in der Fülle Christi erlangen' UND DAS ist ja heute bereits geschehen. DAHER ist jemand, der die Organisation der Zeugen Jehovas ablehnt nach meinem Verständnis kein wahrer Christ, denn Paulus sagt ja hier, dass es irgendwann eine einheitliche Lehrmeinung gibt und somit das individuelle Auserwählen ein Ende hat."

HGP macht hier die m.E. exakt gleiche Fehlinterpretation wie sie bei Matthäus 24:45-47 gemacht wird. Paulus bezieht es auf den Christ als einzelnen, aber Jehovas Zeugen und HGP beziehen es auf die Organisation der Zeugen Jehovas. Nicht ganz klar? Man kann eine beliebige Bibelübersetzung nehmen, und diese Verse im Kontext lesen und schon wird man feststellen, dass sich Paulus darauf bezieht, dass durch gegenseitige Stärkung des Glaubens des Einzelnen eine Einheit des Glaubens entsteht und so alle Christen zur "Erkenntnis des Sohnes Gottes gelangen" können. Die nachkommenden Christen müssen natürlich wieder diesen Prozess selbst durchleben. Und diese Interpretation stützt Jesus Christus, der ein direktes, kontinuierliches Lehren durch den "Geist der Wahrheit" versprach. In einem der Johannes-Briefe ist zudem davon die Rede, dass uns die Salbung lehrt und man dadurch von wahr und falsch unterscheiden kann und keines anderen Lehrers bedarf (1. Joh. 2). Wir sehen also eindeutig, dass das Vermitteln von Lehrmeinung lediglich das Frühstadium eines Christen ist. Es ist Milch, es ist nicht die feste Speise (1. Kor. 3). HGP interpretiert dies anders, nach meiner Erkenntnis verkauft er Milch als feste Speise und das Voranstellen von Menschen vor dem persönlichen Belehrtwerden durch die Bibel und den heiligen Geist als zwingend biblische Struktur. Wie man gesehen hat, ist dies offensichtlich nicht der Fall.

Daher mein Fazit: Durch die neuen HGP-Artikel erkennt man, wie er andere Christen betrachtet. Er ist vollkommen überzeugt, dass die wirren, in der Bibel herumhüpfenden Interpretationen in den JZ-Publikationen für ihn das beste und wahrste ist, was er an Bibelbetrachtung kennt. Und alle anderen, besonders die, die sich bewusst davon abwenden oder dagegen entscheiden, sind in seinen Augen keine Christen. Sie sind Irrlehrer und Abtrünnige, von Jesus verschmäht. Wie traurig, wenn man andere Menschen so ansieht. Besonders, wenn es sich um mindestens genauso aufrichtig glaubende, wie HGP es selbst zu sein scheint, handelt.

Selbige m.E. unhaltbare Interpretationssprünge macht er bei diversen anderen Themenbereichen. In seiner Welt, würde die Bibel tatsächlich aussagen, es gäbe eine wahre Religion in diesen vermeintlich letzten Tagen, die auch eindeutig als solche identifizierbar ist. Das Problem ist nur: Wenn man sie als normal Sterblicher, der die Bibel aufrichtig und mit Verstand und, so Gott will, mit Geist betrachtet und dann feststellt, dass diese Religion gar nicht so sehr richtig liegt, wie sie von sich selbst behauptet - ja sogar Ansichten und Methoden hat, die biblisch nicht rechtfertigbar sein - wie kann man dann noch behaupten, die Sachlage wäre so eindeutig?

P.S.: HGP warf ja zudem die Frage in den Raum, warum jemand überhaupt Interesse daran haben sollte, sich mit den Ansichten der Zeugen Jehovas zu beschäftigen, obwohl er sie doch selbst nicht als wahre Gemeinde ansieht. Nun, das liegt zum einen daran, dass es gemäß der Bibel nicht eine wahre Gemeinde im Sinne einer wahren Religion = Organisation gibt. Die wahre Gemeinde setzt sich aus echten Nachfolgern Jesu zusammen, die offensichtlich nicht nur in einer einzigen von Menschen erbauten Religion zu finden sind. Zum anderen bringt uns der Diskurs biblischer Interpretationen der Wahrheit näher. Wenn wir uns geistvoll damit beschäftigen, wie wohl eine Bibelpassage zu verstehen ist und gleichzeitig erkennen, auf was es wirklich in der Nachfolge Jesu ankommt, werden wir unserem Vater im Himmel näherkommen. Und das ist sicher nicht von einer Religion abhängig, die eine so auffällig ähnliche Struktur und ähnliche Methoden hat wie das Judentum in den Tagen Jesu.

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