Samstag, 7. November 2015

Partyfotos gelten ab sofort als "schwerwiegendes Fehlverhalten"

Die Wachtturm-Studienausgabe vom Februar 2016 schießt mal wieder den Vogel ab. Eine kleine Bilderserie soll dem Leser nahelegen, welche Art von Fehlverhalten den Ältesten gemeldet werden soll: Ein Partybild, auf dem Alkohol zu sehen ist.

Jehovas Zeugen: Partybild auf Facebook gilt als schweres Fehlverhalten

Auszug aus Absatz 14 des dazugehörigen Artikels:

Vielleicht weißt du genau, dass ein Bruder schwer gesündigt hat. Womöglich fühlst du dich verpflichtet, zu ihm zu halten, vor allem wenn er ein enger Freund oder Verwandter ist. Deckst du jedoch seine Missetat, bist du Gott gegenüber nicht loyal. Die Loyalität gegenüber Jehova sollte immer Vorrang haben. Nimm dir daher Nathan zum Vorbild und sei freundlich, aber bleib fest. Leg deinem Freund oder Verwandten nahe, sich an die Ältesten zu wenden. Wenn er das nicht innerhalb einer vernünftigen Zeit tut, solltest du selbst zu den Ältesten gehen. So beweist du nicht nur, dass du loyal zu Gott stehst, sondern auch das Beste für deinen Freund oder Verwandten möchtest.

Auf einer Feier Alkohol zu trinken und ein Gruppenbild zu machen, ist also eine "schwere Sünde"? Was soll uns das erste Bild sonst sagen? Geht es darum, dass mit Andersgläubigen gefeiert wurde? War der Anlass ein Geburtstag? Oder ist die Alkoholflasche Stein des Anstoßes? Der Wachtturm bleibt uns eine genauere Definition möglich, aber alles Denkbare ist lächerlichst, wenn man darüber nachdenkt.
Die junge Schwester "verpetzt" ihr Freundin bei einem Ältesten, der schockiert und tiefst besorgt dreinschaut. Das alles erinnert ein bisschen an den Kindergarten.

Und mal wieder geht es zwei Absätze zuvor um das Heiraten Andersgläubiger:
Daniel, ein Bruder in Mexiko, musste sich zwischen der Loyalität zu Gott und seinen eigenen selbstsüchtigen Interessen entscheiden. Er wollte eine Frau heiraten, die keine Zeugin war. Daniel erzählt: „Selbst nachdem ich Pionier geworden war, schrieb ich ihr. Doch irgendwann überwand ich mich und erzählte einem erfahrenen Ältesten von meinem Loyalitätskonflikt. Durch ihn verstand ich, dass ich aufhören musste ihr zu schreiben, wenn ich Gott gegenüber loyal sein wollte. Nach vielen Tränen und Gebeten tat ich das auch. Bald darauf hatte ich mehr Freude im Dienst.“ Später heiratete Daniel eine nette Schwester und heute ist er Kreisaufseher.
Nun wird es schon als Loyalitätskonflikt gegenüber Gott beschrieben, wenn man Interesse an jemand Andersgläubigen hat. Tränen weint der Mann, weil er anscheinend verliebt ist. Das Natürlichste der Welt entzieht sich der Mensch, von dem hier berichtet wird. In der deutschen Flüchtlingskrise geht es des Öfteren darum, dass angeblich besonders muslimische Frauen nicht frei in der Partnerwahl sind. Die Deutschen finden das furchtbar. Allerdings scheint der Druck und Zwang bei Zeugen Jehovas nicht wirklich geringer zu sein, Man wird dort eben so lange bearbeitet, bis man wieder alle Zusatzregeln der zeugen Jehovas beachtet.

Auch der Ausschluss wird wieder zum Loyalitätsprüfstein erklärt, nämlich in Absatz 7:
Für einen Diener Jehovas kann ein Loyalitätskonflikt entstehen, wenn ein naher Verwandter ausgeschlossen wird. Anne beispielsweise erhielt einen Anruf von ihrer ausgeschlossenen Mutter. Sie wollte Anne besuchen, weil sie darunter litt, von der Familie isoliert zu sein. Das wühlte Anne sehr auf und sie versprach ihr per Brief zu antworten. Bevor sie aber schrieb, dachte sie über biblische Leitlinien nach (1. Kor. 5:11; 2. Joh. 9-11). In ihrem Brief erinnerte sie ihre Mutter freundlich daran, dass diese sich selbst von der Familie abgeschnitten hätte, weil sie ihr Fehlverhalten nicht bereute. Anne schrieb: „Es geht dir nur dann wieder besser, wenn du zu Jehova zurückkehrst“ (Jak. 4:8).
Das klingt alles logisch, doch eben nur aus einem Grund: Man verschweigt die Gründe für die Ausschlüsse. Menschlichstes, gesundes Verhalten kann zum Ausschluss führen. In Deutschland gab es in den 80ern und 90ern die Fälle, dass Brüder ausgeschlossen wurden, wenn sie Zivildienst leisteten.* Das sind also z.B. die Väter, die Kinder, die Brüder, die Freunde die als tot angesehen werden sollen, die nicht einmal gegrüßt werden dürfen? Auf dieser Seite kann man noch mehr wirre, unbiblische Ausschlussgründe der Zeugen Jehovas lesen.



Fußnoten

* Die Logik dahinter war, dass der Zivildienst damals rechtlich dem Militär unterstand und es daher für einen Christen verboten sei, durch den Zivildienst die Bundeswehr indirekt zu unterstützen.

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